Heavy Metal stellt hinsichtlich der Härte und Intensität sowie dessen Spielweisen eine Weiterentwicklung des Hardrocks der späten 1960er Jahre/frühen 1970er Jahre dar.(Wikipedia)

 

Während einer NATO-Konferenz im NATO-Hauptquartier-Atlantik in Norfolk, Virginia in den USA fand ich auf einem Shopping-Ausflug in die BX (Base Exchange = Militär-Kaufhaus der örtlichen Marine-Basis) ein T-Shirt. Es hatte vor dem Hintergrund einer Fotomontage, die Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe zeigte, in großen Lettern die Aufschrift aufgedruckt: Heavy Metal – The Navy Way. „Heavy Metal“ als Synonym für die Fähigkeit, Härte, Intensität und Spielweisen des Krieges zu beherrschen. Welche tiefenpsychologischen Mechanismen dazu geführt haben, dass Menschen in der Musik das Bedürfnis hatten, noch mehr Härte und Intensität in der Spielweise erleben zu wollen, weiß ich nicht. Vielleicht sind es die gleichen Gründe, die jetzt Menschen glauben machen, dass noch mehr Rüstung uns den Frieden sicherer machen könnte. Zum Verständnis des Vergleichs Musik und Rüstung möchte ich noch eine Parallele ziehen. Wird ein Bundestagsabgeordneter des Verteidigungsausschusses nicht ähnlich empfinden, wie der Besucher eines „Heavy Metal“ Konzerts, wenn Ersterer knapp 100 Meter von der Startbahn entfernt erlebt, wie zwei Tornado Kampfflugzeuge die Triebwerke auf Volllast bringen, den Nachbrenner zünden und dann 25 Tonnen „Heavy Metal“ beschleunigen, um nach 1000 Meter Anlaufstrecke abzuheben? – Wenn Werbespots der Rüstungsindustrie und der Bundeswehr diese psychologischen Effekte nutzen, um Interessen der Gewinnmaximierung und Selbsterhaltung zu wahren, kann man das legitim nennen. Wenn jedoch Politik und Medien den Menschen suggerieren will, das die Beschaffung solcher Symbole von Härte und Kriegsintensitätsfähigkeit uns äußere Sicherheit bescheren, dann halte ich das für verlogen oder dumm. In meinem Artikel „Kampfjets – Toys for the Boys“ finden sie sachliche Begründungen. Eine andere viel gepriesene finanzpolitische Maßnahme fällt ebenfalls unter diese Bewertung. Das einmalige Geschenk an Bundeswehr und Rüstungsindustrie in Höhe von 100 Milliarden Euro zur Steigerung der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands im Angesicht einer vermeintlichen Bedrohung durch Russland. Warum mehr Geld für die Verteidigung untauglich ist, um uns im Äußeren sicher zu machen, soll im Folgenden kurz erklärt werden.

Verteidigungsbereitschaft heißt, in der Lage zu sein, den Krieg zu führen, wenn es denn sein muss. Dazu braucht es militärische Fähigkeiten. „Heavy Metal“ in Qualität und Quantität ist EIN Mittel, um diese Fähigkeiten in einem kriegerischen Konflikt zum Tragen zu bringen. Das Schwert „Heavy Metal“ wird jedoch stumpf bleiben ohne Führungsfähigkeit. Dazu braucht es fähiges und erfahrenes Führungspersonal. NATO (und deutsche) Hauptquartiere haben in den letzten Jahrzehnten über Computer-Simulationen Kriegführung geübt. Das Führen von Live-Operationen beschränkte sich auf Übungen mit ein paar dutzend Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen und einigen Tausend Mann Heeres-Einheiten. Unsere Generale und ihre Stäbe sind schon seit vielen Jahren nicht mehr in der Lage, einen großen Schießkrieg mit Tausenden von Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen und Hundertausenden von Heerestruppen tag täglich zu planen und zu führen. Dieser Unfähigkeit kommt einer anderen Unfähigkeit in nahezu idealer Weise entgegen. Auch auf der Ebene des „Heavy Metals“ ist die Bundeswehr nicht einsatzbereit und wird es auf absehbare Zeit auch nicht werden.

Das deutsche Heer wurde nach der Wende von 4000 Kampfpanzern auf unter 400 reduziert. Damit wurde die Fähigkeit zum großräumigen Panzerkrieg, bei dem Divisionen zum Einsatz kommen, aufgegeben. Genau die bräuchte man aber, um sich einer militärischen Landmacht wie Russland erfolgreich zu erwehren. Auch die Luftwaffe hat seit der Wende „Heavy Metal“ aufgeben müssen. Staffeln wurden ersatzlos stillgelegt und die Anzahl der Kampfflugzeuge drastisch zu Gunsten von teuren High-Tech Flugzeugen reduziert. Dieser Prozess geht weiter, wie die Ankündigung zeigt, Tornado-Kampfflugzeuge durch die US-Amerikanischen Muster F18 und F35 und ein paar Dutzend Eurofighter zu ersetzen. Letztendlich sind die absoluten Zahlen und technische Fähigkeiten gleichgültig. Unser „Heavy Metal“ hätte in einem Krieg gegen Russland eine Überlebenszeit von wenigen Stunden vielleicht ein paar Tagen, bevor es zerstört sein würde. Die technische Perfektion von Angriffs- und Verteidigungswaffen auf beiden Seiten lässt keinen anderen Schluss zu. Irgendwann wird eine Seite ihre Verluste nicht mehr ersetzen können. Dann ist der Krieg zu Ende, entweder durch Verhandlungen oder durch einen Nuklearschlag.

Wir befinden uns sicherheitspolitisch in einer Sackgasse. Nicht Herr Putin hat uns da hineingeführt, sondern wir selbst. Militärische Verteidigung ist ein Irrweg. Wie finden wir da wieder heraus? – Wenn Friedensliebe als Motivation nicht ausreicht, vielleicht tut es ein Appell an die Vernunft. Der prominente Unternehmensberater und Psychologe Peter Kruse beschreibt in seinem Buch „Next Practice“ einen Weg. Wenn gewohnte Muster einen nicht ans Ziel bringen, muss man mit den Mustern brechen. Das bedeutet im Falle einer drohenden kriegerischen Konfrontation, nicht rüsten und drohen, sondern mit dem Feind reden. Vielleicht erfüllt sich dann die alte biblische Erkenntnis und „Heavy Metal“ bekommt eine menschenwürdige Bedeutung. Schwerter zu Flugscharen.

Es soll das Argument geführt werden, dass nicht die Ukraine Krieg gegen Russland führt, sondern die USA. Es ist eben kein Stellvertreter-Krieg, wie Experten immer wieder behaupten, in dem die Ukrainer durch Militärhilfe in die Lage versetzt werden, die russischen Invasoren zu besiegen, sondern eine direkte militärische Konfrontation zwischen Amerika und Russland. Wenn die Europäer das nicht begreifen und die amerikanische Kriegführung weiter unterstützen, leisten sie eine Eskalation Vorschub, an deren Ende der Einsatz von Nuklearwaffen steht. Herr Putin weiß, dass der Gegner in der Ukraine nicht die Ukrainer sind, sondern die USA. Vor diesem Hintergrund hat er nicht mit dem Einsatz von Nuklearwaffen gedroht, sondern vor der Eskalationsgefahr gewarnt. Nun aber zu meinen Argumenten.

Beginnen wir mit der Lieferung von schweren Waffen an die Ukrainer. Es ist vergleichbar mit der Ausstattung einer Schule mit Apple-Computern und I-Pads. Ohne Ausbildung und Erfahrung in der Nutzung der Geräte und einer Aufgaben-orientierten Vernetzung der Geräte und Prozesse ist eine solche Beschaffung nutzlos. Gleichzeitig soll der bisherige Lehrbetrieb weiterlaufen. Eine solche Veränderung, die eine Kulturveränderung ist, braucht Zeit, vor Allem aber braucht sie Führung.

Die ukrainische Armee mit modernen schweren Waffen auszurüsten, ist nutzlos. Deren militärische Kultur, die immer noch in den alten Mustern sowjetischer Prägung tickt, hatte weder die Zeit noch die Führung, um sich auf eine moderne Kriegsführung nach amerikanischen Standards auszurichten. Amerikanische Ausbildungsprogramme in dieser Richtung, die in den letzten 10 Jahren durchgeführt wurden, reichen nicht aus, um den russischen Streitkräften Paroli zu bieten. Die hatten sich nämlich schon längst technisch und mental nach den Grundzügen moderner Kriegführung ausgerichtet. Dass sie ihre Ziele nicht wie erwartet in kürzester Zeit erreicht haben, lag nicht an dem heldenhaften Kampf der Ukrainer und auch nicht an den Fehlern, die gemacht wurden. Das erfolgreiche „Zurückkommen“ der Ukrainer in den Krieg kann meines Erachtens nur eines bedeuten. In den entscheidenden Bereichen wird er proaktiv von den USA geführt. Nicht die Ukrainer führen einen Stellvertreter-Krieg gegen Russland, sondern Amerika selbst führt diesen Krieg. Im Folgenden möchte ich Ihnen einige Wesensmerkmale der modernen Kriegführung vorstellen, die meine Schlussfolgerung belegen.

Luftraum-Koordinierung

Kampfhandlungen finden gleichzeitig in der Luft, am Boden und zu Wasser statt. Jagdflugzeuge sind in der Luft, um eigene Truppen und Infrastruktur vor Angriffen der russischen Luftwaffe zu schützen. Ukrainische Kampfflugzeuge fliegen Bomben-Einsätze zur Unterstützung des Bodenkampfes. Drohnen sind in der Luft, um aufzuklären. Weitschießende Artillerie feuert großkalibrige Geschosse auf russische Positionen. Fallschirmjäger werden aus Transportflugzeugen abgesetzt. Hubschrauber fliegen Spezialkräfte zu ihrem Einsatz. Alle diese Aktivitäten finden im selben Luftraum statt. Wenn die nicht zentral nach Zeit und Höhe koordiniert und geführt werden, käme es zu einem gefährlichen Chaos. Das würde nicht nur eine effektive Kriegsführung nachhaltig verhindern, sondern zu Verlusten ohne Einwirkung des Gegners führen.

Luftverteidigung

Jeden Tag fliegt die russische Luftwaffe massive Angriffe auf ukrainische Ziele. Aufgabe der ukrainischen Luftverteidigung ist es, diese Angriffe abzuwehren. Dazu stehen ihr Jagdflugzeuge und Flugabwehrraketen zur Verfügung. Ukrainische Bodentruppen besitzen eine eigene mobile Luftverteidigung. Sie besteht aus Systemen wie den von Deutschland gelieferten Gepard Flugabwehr-Panzer, Ein-Mann Raketen(Stinger) sowie Flugabwehr-Kanonen und Maschinengewehren. Kriegsschiffe schützen sich vor Angriffen mit Flugabwehr-Kanonen. Gleichzeitig zu den russischen Luftangriffen bewegen sich ukrainische Kampfflugzeuge, Transportflugzeuge, Hubschrauber und Drohnen über dem Kriegsgebiet. Die müssen vor der eigenen Luftverteidigung sicher sein und dürfen nicht abgeschossen werden. Das bedarf einer zentralen Koordination und Führung.

Landkriegsoperationen

Der Oberkommandierende der alliierten Koalition im 2. Golfkrieg („Desert Storm“), US-General Norman Schwarzkopf sagte damals, dass im Kampf seine Soldaten nach vorn schauen sollen und nicht nach oben. Die Hauptaufgabe von Luftraumkoordinierung und Luftverteidigung besteht darin, Landstreitkräfte zu unterstützen. Die allein sind im Krieg in der Lage, Land in Besitz zu nehmen bzw. zurückzuerobern und damit einen Gegner zur Aufgabe seiner aggressiven Absichten zu zwingen oder sogar zu besiegen. Die ukrainische Armee wäre nur dazu in der Lage, wenn alle Kriegsoperationen aus einer Hand geführt werden.An dieser Stelle soll es mit den Beispielen genug sein.

Um in diesen Bereichen (und einigen mehr) professionell zu planen und minutiös zu führen, braucht es eine lückenlose Aufklärung in Echtzeit, verzugslose und standardisierte Kommunikation vom Führungsstab zu den kämpfenden Einheiten von Luftwaffe, Heer und Marine und umgekehrt sowie digitale Vernetzung. Ohne Satelliten wäre das alles nicht möglich. In all diese Fähigkeiten einer modernen Kriegsführung sind die Amerikaner nicht nur unerreicht, sondern Beispiel gebend für die Streitkräfte andere Länder wie die Großbritanniens, Frankreichs, Chinas, Russlands und auch der Bundeswehr. NATO-Stäbe, die mit Planungsoffizieren ihrer Mitgliedsländer besetzt sind, funktionieren nach dem US-amerikanischen Vorbild. Sie sind, zumindest bei Übungen, in der Lage, moderne Kriege zu planen und zu führen. Wenn es aber ernst wird, geht nichts ohne die Führung der Amerikaner.

Vielleicht verstehen sie jetzt meine Feststellung, dass der Ukraine-Krieg ein amerikanischer Krieg ist. Die Ukrainer hätten trotz massiver Militärhilfe aus dem Westen keine Chance, diesen Krieg gegen Russland zu gewinnen. Sie sind lediglich das Schwert, das die blutige Arbeit verrichten soll. Das Hirn sind Amerikaner, die nicht in Kiew sitzen, sondern in einem Hauptquartier irgendwo in den USA, in Europa, in Deutschland, von wo sie planen und führen. Sie könnten sich auch auf dem Mars befinden. 300 000 km/s machen es möglich.

 

 

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